Stimmungsmache gegen Moskau und Beijing auf allen Kanälen, Boykott- und Strafaktionen, Ultimaten, Drohgebärden und Erpressungsmanöver, alles begleitet von einem ungehemmten Aufrüstungskurs – die NATO und die ihr angeschlossenen Institutionen werden immer aggressiver. Man darf annehmen: Das ist nicht nur bloße Show. Als »letzte Hoffnung der Reichen« und Befreiungsschlag bereitet der Pakt tatsächlich einen großen Krieg vor. Was hätten die Herrschenden auch für Alternativen in einem auf Maximalprofit und Expansion angelegten System, das objektiv an seine Grenzen stößt? Seit dem Ende des Kalten Krieges war der Weltfrieden wohl selten so bedroht wie heute.
Höchste Zeit also, mit der Kraft der Aufklärung und Solidarität gegenzuhalten, politische Alternativen in den Blick zu nehmen und zu stärken. So gesehen, erwies sich der thematische Schwerpunkt der diesjährigen Internationalen Rosa-Luxemburg-Konferenz (RLK) als gut gewählt. Die 27. Ausgabe des von junge Welt und zahlreichen Unterstützergruppen organisierten Neujahrsempfangs der deutschsprachigen Linken war eine höchst aktuelle politische Intervention. Sie bot nicht nur Gegenakzente, sondern ein inspirierendes und Mut machendes Gegenprogramm zum Irrsinn der laufenden Kriegshetze.
Dabei war es pandemiebedingt zunächst eine Hängepartie, und sie dauerte etliche Wochen: Wird die RLK endlich wieder als Saalveranstaltung in Berlin stattfinden können oder wie im Vorjahr ausschließlich online? Stress für alle Beteiligten in Redaktion und Verlag, mussten doch parallel zwei Veranstaltungen durchgeplant werden, mit allen Variablen, von der Technik bis zur Frage, ob die Referenten überhaupt physisch präsent sein können.
Nachdem das Infektionsgeschehen die Organisatoren im Dezember gezwungen hatte, auf ein reines Onlineevent »umzuswitchen«, war klar: Die Zahl internationaler Gäste vor Ort in Berlin würde vor allem infolge der Restriktionen bei der Einreise sehr überschaubar bleiben. Am Ende beschränkte sie sich auf Dmitri Nowikow. Mit dem Vizevorsitzenden der KPRF konnte nach langer Zeit wieder ein russischer Gast auf der RLK begrüßt werden. Sein Vortrag legte mit Rückgriff auf Lenins Imperialismustheorie gleichsam die Grundlage für alle nachfolgenden. Er machte deutlich: Der kollektive Westen ist ökonomisch längst auf dem absteigenden Ast, in der Folge auch politisch, ideologisch und kulturell. Aus der Hegemoniekrise des Imperialismus ergibt sich der Zwang zum nächsten großen Krieg. Wer für dessen Kosten aufzukommen hat, darüber sprach Lucia Pradella, die den Kurs der Hochrüstung und die daraus resultierende verschärfte Ausbeutung in den Blick nahm.
Imperialistische Landnahme geht mit dem Abbau bürgerlicher Rechte einher. Dass sie politische Umstürze selbstverständlich einschließt, zeigte Juan Ramón Quintana am Beispiel Bolivien. Aber auch medialer Manipulation kommt eine zentrale Rolle dabei zu, die Masse der Bevölkerung hinter den NATO-Aggressionskurs zu bringen, wie Rania Khalek und Jeremy Corbyn darlegten. Das sozialistische Kuba demonstriert, was möglich ist, wenn eine Gesellschaft nicht nach Profitlogik, sondern nach menschlichen Bedürfnissen organisiert wird. Das war das Thema von Rosario del Pilar Pentón Díaz, die damit zugleich Beispiele für konkreten Widerstand nannte. Die Vorträge werden in dieser Beilage teilweise gekürzt wiedergegeben. Langfassungen sind in der Mitte März erscheinenden RLK-Broschüre nachzulesen, auch die zahlreichen anderen politischen und kulturellen Beiträge der Veranstaltung werden darin dokumentiert. Deren Erfolg ist keine bloße Behauptung, er ist messbar.
Im Laufe des Konferenztages waren in Deutschland rund 24.000 Endgeräte zugeschaltet, nebst zahlreichen weiteren in anderen Ländern, auf anderen Kontinenten, wohin Partnerorganisationen den in drei Sprachen gedolmetschten RLK-Livestream übertrugen. Ein neuer Rekord in puncto Reichweite. Dass die kostspielige Konferenz kein finanzielles Debakel wurde, ist der Spendenbereitschaft der Zuschauerinnen und Zuschauer zu verdanken, dass sie überhaupt gelang, dem Engagement zahlreicher Helferinnen und Helfer.